Johann Breitwieser Breitwieser-Schani

Das Landesgericht und die Flucht Breitwiesers.

Aufsehenerregende Enthüllungen über den Wachdienst.

Reichspost, 31. Dezember 1918, Seite 7
Transkription: Michael Strasser

Die „Reichspost“ hat gleich nach Bekanntwerden der Meldung von dem gelungenem Ausbruch des gefährlichen Schwerverbrechers Breitwieser auf den merkwürdigen Widerspruch hingewiesen, der zwischen dem Berichte der Polizeikorrespondenz und der geschehenen Tatsache offenbar wurde. Die Polizeikorrespondenz fand die Flucht ganz unerklärlich, da nach ihrer Angabe Breitwieser „unter strenger Bewachung“ stand. Wie streng aber diese Bewachung gewesen sein muß, geht aus dem Umstande hervor, daß dem Ausbrecher die Flucht nur mit Hilfe von eingeschmuggelten Werkzeugen gelang.

Nun erfährt der „Telegraph“, daß Breitwieser seiner Braut in einem Briefe angekündigt hat, daß er fliehen werde. Er hat genau den Tag angegeben, an dem er wieder zu Hause sein werde. Er hat in dem Briefe gefordert, daß man ihm im Spinat, den sie ihm schicken sollte, auch 200 Kronen sende, die er unbedingt benötige, und er hat auch seine Feilen usw. angefordert, die er zu seiner Flucht benötige, und die ihm denn auch , wie aus dem Gelingen des Planes geschlossen werden muß, geliefert worden sind. Daß Verbrecher schon oft die Speisen, die sie von ihren Angehörigen erhielten, benützten, um sich Briefe und sonstige Sachen zuschmuggeln zu lassen, schreibt das Blatt, ist allgemein bekannt, nur im Landesgerichte scheint man das nicht gewußt zu habe, sonst wäre es doch wirklich nicht möglich, daß Breitwiesers seiner Braut förmlich auf Tag und Stunde angesagter Plan gelungen wäre. Die Überwachung im Landesgerichte muß eine zum mindesten elende sein, wenn man nicht annehmen will, daß der Ein- und Ausbrecherkönig unter dem Personal direkte Mithelfer besessen hat. Man darf neugierig sein, was das Landesgericht auf deisr Feststellungen zu sagen hat.

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