Johann Breitwieser Breitwieser-Schani

Verhaftung des Einbrechers Breitwieser.

Neue Freie Presse, 2. April 1919, Seite 10
Transkription: Michael Strasser

Der vielgesuchte Ein- und Ausbrecher Johann Breitwieser ist heute in St. Andrä-Wördern, wo er seit seiner Flucht aus dem Landesgerichte sich aufgehalten und ein Häuschen erworben hat, verhaftet worden. der gefährliche Verbrecher, der sich bekanntlich bei jeder Anhaltung mit der Waffe zur Wehre setzt und die Wachen sowie seine Verfolger nicht nur bedroht, sondern tatsächlich durch Schüsse niederzustrecken sucht, ergab sich nicht freiwillig. Es wurde auf ihn gefeuert und Breitwieser ist schwer verletzt. Das Wiener Sicherheitsbureau entsandet einen Kommissär nach St. Andrä.

Mehr als ein Vierteljahr hat man den Verbrecher gesucht. Er war so gefürchtet, daß die Nennung seines Namens ein Schrecknis wurde und Panik hervorrief. Wenn in der letzten Zeit ein Kasseneinbruch verübt wurde, glaubte man an seien Täterschaft, und oft wollte man ihn gesehen haben. Tausend Kronen Belohnung waren auf seine Ergreifung ausgesetzt, als er na h Weihnachten auf verwegenste Art aus der landesgerichtlichen Haft entsprang. Seither hat das Sicherheitsbureau mit den tüchtigen Polizeiagenten uneremüdlich nach Breitwieser geforscht. Die Erhebungen wurden mit Nachdruck, aber auch mit großer Vorsicht betrieben, dann man kennt den gewalttätigen und zum ÖÄußerseten entschlossenen Verbrecher, der, so oft er Begegnungen mit der Wache oder mit Polizeiagenten hatte, von der Schußwaffe Gebrauch gemacht und auch einen Polizeiagenten schwer verletzt hat. Man wußte, daß er immer zwei oder drei Revolver bei sich hatte, um, wenn der eine ausgeschossen war, sich des zweiten und dritten zu bedienen. Als Breitwieser zum letztenmal in Haft war, hatte er beteuert, daß er, wenn er noch einmal in Freiheit wäre und wieder verhaftet werden sollte, alle ihn stellenden Polizeiagenten über den Haufen schießen, daß er ein Blutbad anrichten und mit der letzten Kugel sich selbst töten werde.

Durch die polizeilichen Erhebungen wurde festgestellt, daß Breitwieser sich mit einem Genossen namens Rudolf Schier in St. Andrä-Wördern aufhalten solle, und tatsächlich wurde festgestellt, daß er sich unter falschem Namen Anfang Februar dieses Jahres das Haus Riegergasse 5 in St. Andrä-Wördern um 28.000 Kronen käuflich erworben habe. Heute nachmittag begaben sich Polizeikommissär Dr. Wegl des Wiener Sicherheitsbureaus und zwei bewährte Polizeiagenten-Inspektoren, Inkwart und Bindl, sowie sieben Polizeiagenten nach St. Andrä-Wördern. Mann hatte alle Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die Autos, welche die behördlichen Organe nach dem Orte brachten, hielten außerhalb St. Andräs und die Polizeiorgane begaben sich einzeln in das Dorf. Als sich dei Expedition gegen 5 Uhr nachmittags dem Hause Riegergasse 5 näherte, stand im Hofe eben ein Mann, der damit beschäftigt war, sein Fahrrad zu putzen. Es war Breitwieser, der sein Rad für eine Fahrt nach Wien herrichtete. Er sah die sich nähernden Amtsorgane anfänglich nicht. Von allen Seiten schallte ihm jetzt der Ruf: „Hände hoch !“ entgegen. Er machte eine Bewegung, also ob er in die Tasche greife, aber im nächsten Augenblicke war er schnell wie der Blitz zu der nahen Planke gelaufen und über sie geklettert. Es wurden ihm Schüsse nachgefeuert, doch er war verschwunden. Eben machten sich die Polizeiagenten daran, desgleichen die Planke zu überklettern, als Breitwieser ein neuer Gegner von der anderen Seite in den Weg trat. Im Nachbarhause war nämlich der Polizeihundeinspektor Schödl mit seinem Polizeihung „Ferro“ aufgestellt.

Der Inspektor nahm sogleich die Verfolgung des Mannes mit dem Polizeihund auf. Der Hund führte ihn zu einem dunklen Schupfen, in dem der Verbrecher verschwunden war. Wieder ertönte der Ruf, daß Breitwieser ins Freie kommen solle, doch er leistete keine Folge, und so wurde auch von Inspektor Schödl ein Schuß ins Dunkle abgegeben. Indessen war der Hund in den Schupfen geeilt und hatte den Flüchtigen gepackt. Breitwieser war aber im Schupfen schon niedergestreckt gelegen. Inspektor Schödl eilte auf ihn zu und hielt ihn fest. Breitwieser bat den Inspektor, nicht mehr zu schießen. Nun waren die anderen Amtsorgane in den Schupfen gekommen und Breitwieser wurde zunächst gefesselt. Ein Arzt wurde geholt und stellte fest, daß der Verbrecher eine Schußwunde in der recten Achselhöhle mit Verletzung der Lunge hat. Er wurde nach Wien gebracht und hier dem Inquisitenspital des Landesgerichtes eingeliefert.

In dem Hause, das er um geraubtes Geld ersteanden hat, wurden ncoh der Bruder Breitwiesers, Karl Breitwieser, ein gleichfalls abgestrafter Verbrecher, dann Breitwiesers Geliebte Anna Maxian und die Gattin eines Genossen Breitwiesers, Luise Schier, verhaftet. Ihr Gatte Rudolf Schier war zur Zeit der Verhaftung nicht zugegen und konnte bisher nicht ausgeforscht werden. Rudolf Schier war auch derjenige, der das Haus als Strohmann mit dem Gelde seines Freundes erstanden hat. Im Hause wurde an Bargeld 12.000 K. gefunden. Die Zimmer waren elegant und ganz neu eingerichtet. Im Keller des Hauses befand sich eine förmliche Werkstätte zur Erzeugung von Einbruchswerkzeugen. Auch ein Sauerstoffgebläse üfr die Öffnung eiserner Kassen fand sich vor. Es ist zweifellos, daß Breitwieser und seine Bande oftmals teils auf Fahrrädern, teils mit der Bahn nach Wien gekommen sind, um neue Einbrüche auszuführen. Diesbezüglich werden die Erhebungen fortgesetzt.

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