Johann Breitwieser Breitwieser-Schani

Bluttaten in Wien.

(Linzer) Tages-Post, 2. Jänner 1919, Seite 5
Transkription: Michael Strasser

Wien, 2. Jänner. In der Silvesternacht hat sich in Wien ein Reihe schrecklicher Bluttaten ereignet, und zwar wurden zwei Morde und ein Todschlag verübt, überdies gab es eine Reihe von blutigen Ausschreitungen. Alle diese Verbrechen sind, wenn auch die Ursachen der beiden Morde weiter zurückliegen, in erste Linie zweifellos durch den erhöhten Alkoholgenuß in der Silvesternacht verursacht worden. So meldet der Polizeibericht, daß in Meidling in der Silvesternacht der 28jährige Kutscher Georg Malich seine frühere Geliebte, die Hilfsarbeiterin Marie Wörer, durch einen Revolverschuß getötet hat. Der zweite Fall ist der folgende: Gegen 2 Uhr in der Silvesternacht hat der 36jährige Kutscher und Hausbesorger Karl Kern in seiner Wohnung, Neulerechenfelderstraße 69, seine 34jährige Gattin Marie durch Schnitte mit seinem Rastermester getötet und ihren Geliebten, eine 21jährigen Lithographen, durch Schnitte im Gesicht und am Halse verletzt. Kern befindet sich in Haft. In einem Gasthaus in Rudolfsheim entstand in der Silvesternacht zwischen den Gästen ein Streit, in dem der 34 jährige Stadtschutzmann Eduard Müller geohrfeigt und auf die Straße gedrängt wurde. Müller, der angeheitert war. schoß dann aus seinem Dienstrevolver mehrmals scharf in das Lokal. Durch die Schüsse wurde eine 34jjährige Frau namens Katharina Kohl in der Brust getroffen und getötet, ein 28jähriger Tischlergeselle und drei weitere Personen verletzt. Müller wurde verhaftet. Gestern nachts hörte der Oberwachmann Anton Wenzel in Hernals den lauten, oft wiederholten Ruf „Breitwieser!“, den ein Volkswehrmann ausstieß. Wenzel und ein Stadtschutzmann verfolgten den Mann, der fortlief, und glaubten, es sei Breitwieser selbst. Der Mann gab auf Oberwachmann Wenzel einen Revolverschuß ab, ohne ihn zu treffen. Der Schutzmann feuerte nun gleichfalls gegen den vermeintlichen Breitwieser und letzterer wurde in die Brust getroffen. Es stellt sich aber heraus, daß der Mann nicht Breitwieser, sondern der 36jährige Hilfsarbeiter Hugo Brade war. Im Allgemeinen Krankenhause ist dann Brade gestorben.

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