Johann Breitwieser Breitwieser-Schani

Räuberromantik.

Fremden-Blatt, 7. April 1918, Seite 14
Transkription: Michael Menedetter

Die Zeit, da sie herrschte, ist ebenfalls vorüber; das waren idyllische Tage der Ruhe, die sich den romantischen Räuber mit dem Morgenblatt servieren ließen, da dem kaffeeschlürfenden Bürger während der Lektüre ein Schauer über den beschlafrockten Rücken rann. Wir haben heute eine andere Romantik und es bedarf anderer Leistungen, um auch nur eine Berühmtheit des Tages zu werden. Umso bemerkenswerter und erstaunlicher war es, wenn es gelang, sich eines so gefürchteten Einbrechers, jenes Breitwieser, dessen man endlich, nachdem erst kurz vorher eine Fangprämie von tausend Kronen auf seinen Kopf gesetzt worden war, sich zu versichern. Breitwieser ist polizeibekannt nicht seit gestern. Er wird seit Jahren schon in den schwarzen Listen geführt und dort als einer der Gefährlichsten bezeichnet, da er nicht minder auszubrechen versteht und nicht nur einzubrechen. Außerdem handelt es sich bei diesem Burschen, wenn man ihn schon gesichtet hat, ihn auch zu kriegen, ihn festzulegen. Er hat den ihm auflauernden Wach- und Sicherheitsorganen so manche Nuß zu knacken, so manche blaue Bohne zwischen die Rippen gegeben. Denn Breitwieser, in in seiner wilden Verwegenheit durch nichts aus der Fassung zu bringen, war stets mit dem Revolver ausgestattet und so gab es, hatte man ihn endlich aufgespürt, jedesmal eine wilde Schlacht, in deren Verlauf es dem frechen Verbrecher stets gelang, das Weite zu suchen, so daß man ihn aus den Augen verlor. Wie erinnerlich, ist es jüngst zu einem verhängnisvollen Irrtum gekommen, da eine nach ihm fahndende Patrouille jemand anderen fälschlich für Breitwieser gehalten und durch Schüsse verwundet hat. Auch diesmal ist es, als man den Burschen aufgespürt hat, zum Revolverkampf gekommen, in dessen Verlauf gar viele Schüsse gefallen sind, die jedoch niemand verletzt haben. Endlich gelang es der Uebermacht der Verfolger, den verzweifelt und verteufelt sich Wehrenden zu überwältigen, zu fesseln und in Gewahrsam zu bringen. Womit die aufregende Angelegenheit allerdings noch keinesfalls zum Abschluß gekommen ist, da es nun gilt, den tausend Listen, die der Verriegelte doch unbedingt anwenden wird, um in Freiheit zu gelangen, wirksam zu begegnen. Wien atmet auf. Breitwieser sitzt. Hoffentlich nicht nur vorübergehend.

zurück zur Liste - back to the list