Johann Breitwieser Breitwieser-Schani

Der Einbrecher Breitwieser wieder entsprungen.

Arbeiterzeitung, 28. Dezember 1918, Seite 5f
Transkription: Michael Strasser

Dem berüchtigten Verbrecher Johann Breitwieser ist es gestern nacht wieder gelungen aus seiner Zelle im Landesgericht zu entkommen. Sogleich nach Entdeckung seiner Flucht hat die Polizeibehörde alle Maßnahmen eingeleitet, um seiner habhaft zu werden. Breitwieser hatte eine Zelle im zweiten Stockwerk des Landesgerichtes und stand unter scharfer Bewachung. Er muß für seine Flucht Helfer gehabt haben und diesen muß es gelungen sein, ihm auf irgend eine Art Brechwerkzeuge in die Zelle zu schmuggeln; mit ihnen hat er das Gitter seines Zellenfensters durchsägt und hat sich dann an einem Leintuch in einen großen Hofraum hinabgelassen. An einem Blitzableiter ist er in den zweiten Stock des Gebäudes geklettert. Hier drückte er von außen das Fenster eines Arbeitszimmers ein und gelangte in das Zimmer. Nun hatte er bloß die Tür einer Kanzlei zu erbrechen und konnte ins Freie gelangen. Seine Sträflingskleidung hat Breitwieser zurückgelassen. Die Hilfe, die er von außen hatte, muß also soweit gegangen sein, daß sogar die Zivilkleidung für ihn vorbereitet war. Breitwieser ist einer der gefährlichsten Verbrecher. Wiederholt ist es, wenn er verhaftet werden sollte, zwischen ihm und den Polizeiorganen zu Revolverkämpfen gekommen, wobei es etlichemal Verletzte gab. Mitunter spielte er nach seiner Verhaftung, wie die Polizeikorrespondenz sagt, den „wilden Mann“, so daß er in irrenärztliche Behandlung kam. Einmal war er zur Beobachtung in Steinhof, ist jedoch auch von dort entsprungen. Es wäre aber wohl dennoch gut, wenn man den Mann, sobald man ihn wieder erwischt, neuerdings auf seinen Geisteszustand hin untersuchen ließe. Die Polizei hat auf seine Ergreifung eine Belohnung von tausend Kronen ausgesetzt.

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