Ein verhängnisvoller Irrtum der Wiener Polizei.
Transkription: Michael Menedetter
Die unausgesetzten Nachforschungen nach dem berüchtigten Wiener Kasseneinbrecher und Exzedenten Breitwieser führten Samstag abend zu einem Mißverständnis, das bedauerliche Folgen hatte. Man glaubte Breitwieser und seine Gesellschaft erkannt zu haben. Dem Polizeiagenten Karl Reisig war nämlich gemeldet worden, der verfolgte Johann Breitwieser sitze im Cafe Fleischhacker in der Praterstraße 47. Sogleich verständigte er die Wachstube in der Kleinen Mohrengasse und diese sowohl das Polizeikommisariat Leopoldstadt als auch die Militärpolizeiabteilung des zweiten Bezirkes. Revierinspektor Josef Kretz, der vom Kommisariat in die Wachstube kam, fand dort schon die Organe der Militärpolizei und begab sich mit zwei Mann und der Sicherheitswachmann Johann Lenz, der Zivilkleidung trug, zunächst zur Beobachtung ins Kaffeehaus. Dor saßen ein Soldat, ein Zivilist und ein dritter Mann, der in reichsdeutscher Uniform war.Dieser Mann hatte große Ähnlichkeit mit Breitwieser. Zehn Minuten später trat der Revierinspektor mitmehreren Wachmännern und den Militärpolizisten ins Lokal. Auf den Anruf: "Hände hoch!" sprang der deutsche Soldat auf, steckte jedoch die Hände unter den Tisch, so daß es auf die Amtsorgane den Eindruck machte, daß er eine Waffe verberge. Wachmann Zaplatilek vermeinend, er müsse einem Revolverangriff zuvorkommen, gab drei Schüsse ab. Das erste Projektil streifte den deutschen Soldaten nur am Ohr, das zweite aber traf ihn in die Brust. Der Verletzte sank unter den Tisch. Der Kommandant der Militärpolizeiabteilung, Feuerwerker Spitzbart, glaubte, der Mann wolle unter dem Tische hervorschießen und feuerte gegen ihn, traf aber den österreischisch-ungarischen Soldaten, der am Unterleib verletzt wurde. Als während dieser Szenen Wachmann Lenz den Zivilisten aufforderte, die Hände hochzuhalten griff der Mann mit der linken Hand in die Tasche seines Beinkleides, und durch diese Bewegung wurde auch hier der Verdacht gewaltsamer Gegenwehr geweckt und Lenz gab einen Revolverschuß ab. Er traf den Mann am linken Unterarm. Der reichsdeutsche Soldat, der Obergefreite Johann Grübler, zugeteilt der Fliegerabteilung in Fischamend, ist minder schwer verletzt; ernster betroffen ist der Infanterist im Infanterieregiment Nr. 4, Josef Rosenfeld. Diese beiden wurden nach erster Hilfeleistung ins Garnisonsspital Nr. 1 gebracht. Der Zivilist, der 53jährige Agent Wilhelm Singer, ist leicht verletzt und konnte sich, nachdem ihm die Mannschaft der Militärpolizei Hilfe geleistet hatte, allein nach Hause begeben.