Johann Breitwieser Breitwieser-Schani

Ein groteskes Begräbnis.

(Linzer) Tages-Post, 7. April 1919, Seite 2
Transkription: Michael Strasser

Während in Wien täglich ungezählte ehrliche Arbeitsmenschen bei Nacht und Nebel in Massenfuhren auf den Friedhof gebracht und ohne letzen Gruß verscharrt werden, ward dem Ein- und Ausbrecher-„König“ Johann Breitwieser (der bekanntlich auf der Flucht durch die Kugel eines Polizisten fiel) ein königliches Begräbnis gerüstet. Ein Galaleichenwagen brachte ihn in die Kirche, wo er unter großer Assistenz eingesegnet wurde; Tausende standen auf dem Wege zum Friedhofe Spalier und Tausende gaben der Leiche das Geleite, und am Grabe richtete (wie die Wiener Blätter spaltenlang erzählen) nach abermaliger Einsegnung der Obmann der Alpinen Gesellschaft „Die G'mütlichen Bauern“ Johann Bauer Abschiedsworte an seinen Schulkameraden Breitwieser, in welchen er Breitwiser als treuen Freund, verläßlichen Kameraden und gutherzigen Menschen schilderte. Den Beschluß der Trauerfeier bildete ein Trauerchoral „Schlafe wohl“, den ein Quratett der Hofoper sang. Den Sarg bedeckten viele Kränze, darunter einer mit der Schleifeninschrift „Von deinen Kameraden in Favoriten“, einer „Von deinen Kollegen“, einer „Von deiner tieftrauernden Braut Anna“, einer „Von deinen Eltern“ und andere. Breitwiesers letzte Fahrt ist ein Dokument für den Irrsinn unserer Tage, wie es grotesker nicht gedacht werden kann.

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