Johann Breitwieser Breitwieser-Schani

Der Einbrecher Breitwieser verhaftet.

Arbeiterzeitung, 2. April 1919, Seite 5
Transkription: Michael Strasser

In St. Andrä-Wördern ist gestern der berüchtigte Ein- und Ausbrecher Johann Breitwieser verhaftet worden.

Mehr als ein Viertelhahr hat man den Verbrecher gesucht. Tausend Kronen Belohnung wurden auf seine Ergreifung ausgesetzt, als er zum letztenmal nach Weihnachten vorigen Jahres auf verwegenste Art aus der landesgrichtlichen Haft entsprungen war. Die Nachforschungen mußten mit großer vorsicht betrieben werden, da Breitwieser ein gewalttätiger, zum Äußersten entschlossener Verbrecher ist, der, so oft er Begegnungen mit der Wache oder mt Polizeiagenten hatte, von der Schußwaffe Gebrauch gemacht und auch einen Polizeiagenten schwer verletzt hat. Er hatte immer zwei oder drei Revolver bei sich, um, wenn der eine ausgeschossen war, sich des zweiten und dritten zu bedienen. Als er zum letztenmal in Haft war, hatte er beteuert, daß er, wenn er noch einmal in Freiheit kommen und verhaftet werden sollte, unter den Polizeiagenten ein Blutbad anrichten werde und die letzte Kugel würde ihm gelten. Vor kurzer zeit wurde festgestellt, daß sich Breitwieser in St. Andrä-Wördern aufhält und unter falschem Namen das Haus Riegergasse Nr. 5 in St. Andrä um 28.000 Kronen gekauft hat. Gestern nachmittag begab sich eine polizeiliche Expedition unter Führung des Polizeikommissaärs Dr. Wegl nach St. Andrä-Wördern, um die Verhaftung Breitwiesers vozunehmen. Unter Beobachtung aller gebotenen Sicherheitsmaßregeln näherte man sich seinem Hause. Breitwieser stand eben im Hofe und putzte sein Fahrrad. Die Polizeiagenten zogen die Revolver und riefen: „Hände Hoch!“ Breitwieser aber lief zu der nahen Planke und kletterte über sie hinweg. Die Polizeiagenten feuerten ihm mehrere Schüsse nach. Auf der anderen Seite der Planke aber hatte Breitwieser aber einen neuen Gegner gefunden. Im Nachbarhause war nämlich Polizeihundeführer Inspektor Schödl mit einem Polizeihund aufgestellt, der sogleich die Verfolgung aufnahm. Der Hund führte den Inspektor zu einem Schupfen, in dem der Verbrecher verschwunden war. Man rief Breitwieser zu, ins Freie zu kommen, doch er folgte nicht und Inspektor Schödl gab einen Schuß ins Dunkle ab. Indessen war der Hund in den Schupfen geeilt und hatte den Flüchtling gepackt. Breitwieser war aber im Schupfen scon niedergestreckt gelegen. Breitwieser wurde zunächst gefesselt. Ein Arzt stelte dann fest, daß der Verbrecher eine Schußwunde in der rechten Achselhöhle mit Verletzung der Lunge hat. Der Vielgesuchte wurde nach Wien gebracht und dem Häftlingsspital des Landesgerichts eingeliefert. In dem Hause wurden noch der Bruder Breitwiesers, Karl Breitwieser, ein gleichfalls oft abgestrafter Verbrecher, dann Breitwiesers Geliebte, Anna Maxian und die Gattin des Spießgesellen Breitwiesers Luise Schier verhaftet. Ihr Mann Rudolf Schier hat das Haus als Strohman mit dem Gelde seines Freundes erstanden. Im Hause wurden 12.000 Kronen gefunden. Die Zimmer waren elegant und ganz neu eingerichtet. Im Keller des Hauses war eine förmliche Werkstätte zur Erzeugung von Einbruchswerkzeugen hergerichtet. Auch ein Sauerstoffgebläse für die Öffnung eiserner Kassen fand sich vor.

Es ist zweifellos, daß Breitwieser und seine Bande oftmals nach Wien gekommen sind, um neue Einbrüche auszuführen. Mitunter spielte Breitwieser bei seiner Verhaftung den „wilden Mann“, so daß er in irrenärztliche Behandlung kam. Im Kriege war er beim Militär eingerückt; er hatte aber auch da oft Anstände. Er kam abermals in Beobachtung auf den Steinhof und entsprang von dort. Wiederholt hatte er Begegnungen mit Polizeiorganen, wobei er der Polizei immer wahre Kämpfe lieferte. Im März vorigen Jahres kam es in der Praterstraße wegen Breitwieser zu Blutvergießen. Militärpölizei vermeinte ihn in einem Gasthause, drang ein und schoß auf einige Leute, die trotz Aufforderung die Hände nicht hochgehalten hatten. Ein Mann wurde getötet und zwei andere wurden verletzt.

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