Johann Breitwieser Breitwieser-Schani

Der Mann in Ketten.

Arbeiterzeitung, 21. Mai 1918, Seite 3
Transkription: Michael Menedetter

Am 17. d. um 7 Uhr abends wurde von einer Militärpatrouille ein Häftling vom Ostbahnhof nach dem Westbahnhof gebracht. Bei den Leuten, an denen der Zug vorbeikam, verbreitete sich das Gerücht, der Häftling sei der gefährliche und gefürchtete Kasseneinbrecher Johann Breitwieser, der oftmals der Wache und Militärpolizei Gefechte geliefert hatte. Alsbald sammelten sich mehrere hundert Personen an, die alle Breitwieser sehen wollten und dem Zuge folgten. Die Leute umdrängten die Begleitmannschaft derart, daß es ihr geradezu unmöglich war, weiter zu kommen. Es mußten mehrere Sicherheitswachleute aufgeboten werden, um dem Zuge einen Weg durch die vielen Tausende zu bahnen. Während des weiteren Weges zum Westbahnhof wuchs die Menge noch weiter an, so daß alle erreichbaren Rayonsposten zur Unterstützung herbeieilen mußten. Als der Zug zur Westbahn gelangt war, mußte der Westbahnhof auf Anordnung des Bahnhofkommandos militärisch abgesperrt werden, da die Menge immer noch nachdrängte und Breitwieser sehen wollte. Übrigens konnte das Gerücht, der Häftling sei Breitwieser, schon aus dem Grunde nicht wahr sein, weil sich der Verbrecher schon seit einigen Wochen in Untersuchungshaft beim hiesigen Divisionsgericht befindet. Durch den Zug ist übrigens auch das Gerücht entstanden, der Raubmörder, der den Lederzurichter Maly ermordet und beraubt hat, sei verhaftet worden. Auch das Gerücht ist unwahr. -- Es ist wahrscheinlich, daß das Gerücht durch die Art, wie Militärpatrouillen Häftlinge durch die Straßen führen, entstanden ist. Der leider nicht seltene Anblick, daß Menschen eine Hand und einen Fuß mit einer Kette verbinden, begleitet von einigen Soldaten - Bajonett auf ! - durch die Straßen geführt werden, mag auch hier zu der Annahme beigetragen haben, um welch schweren Verbrecher es sich handelt.

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